Rechte zur Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Flüchtlingen wurden vom Gemeinderat auf den OB übertragen – Eine Abstimmungserklärung von Hans-Martin Mumm
Der Gemeinderat hat am 8. Oktober beschlossen, einige seiner Rechte bis Ende 2016 auf den Oberbürgermeister zu übertragen. Wörtlich lautet der Beschluss:
1. Der Gemeinderat überträgt ausschließlich für den Themenbereich „Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Flüchtlingen“ nach § 44 der Gemeindeordnung (GemO) die finanziellen Zuständigkeiten des Bau- und Umweltausschusses nach § 6 Ziffer 1, des Haupt- und Finanzausschusses nach § 5 Ziffer 1, Absatz 9 sowie des Gemeinderats nach § 3, Absatz 2, Ziffer B der Hauptsatzung auf den Oberbürgermeister.
2. Diese Übertragung ist befristet bis zum Ablauf des aktuellen Haushaltsplans 2015/2016 am 31. Dezember 2016.
3. Die gemeinderätlichen Gremien werden in den, den Entscheidungen folgenden Sitzungen entsprechend informiert.
Es werden folgende Zusagen festgehalten:
In jeder Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses wird eine aktuelle Liste mit den vom Oberbürgermeister getroffenen Entscheidungen vorgelegt.
Eine finanzielle Gesamtbewertung (unter anderem durch Aufzeigen von Auswirkungen und Konsequenzen auf andere Maßnahmen) wird im Haupt- und Finanzausschuss und dem Gemeinderat erfolgen.
In einer Presseinformation der Stadt heißt es dazu:
Die aktuelle Entwicklung der Flüchtlingszahlen erfordert rasche und flexible Reaktionen der Kommunen. Deshalb hat der Gemeinderat am 8. Oktober 2015 mehrheitlich beschlossen, die Befugnisse des Oberbürgermeisters in finanziellen Angelegenheiten auszuweiten: Für die Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Flüchtlingen kann er künftig kurzfristig Finanzmittel freigeben, ohne den sonst üblichen Lauf durch die zuständigen gemeinderätlichen Gremien. Diese Übertragung ist befristet bis zum Ablauf des aktuellen Haushaltsplans 2015/2016 am 31. Dezember 2016. Die gemeinderätlichen Gremien werden in den folgenden Sitzungen entsprechend informiert. In jeder Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses wird eine aktuelle Liste mit den vom Oberbürgermeister getroffenen Entscheidungen vorgelegt und die finanziellen Auswirkungen aufgezeigt. Ziel ist es, zeitliche Verzögerungen und damit mögliche Nachteile für die Kommune oder die Flüchtlinge selbst zu vermeiden.
Erklärung von Hans-Martin Mumm zum Abstimmungsverhalten
Dieser Beschluss, mit dem der Gemeinderat bis Ende 2016 auf seine Beschlussrechte zum Themenbereich „Flüchtlinge“ verzichtet, wurde am 8. Oktober mit großer Mehrheit gefasst. Es gab drei Gegenstimmen und eine Enthaltung. Dagegen waren die beiden AfD-Stadträte, die Enthaltung kam vom Fraktionskollegen Michael Pfeiffer. Judith Marggraf konnte an der Sitzung nicht teilnehmen. Ich habe ebenfalls mit nein gestimmt und danach die folgende Erklärung zum Abstimmungsverhalten vorgetragen:
1. Ich teile die Einschätzung, dass der aktuelle Zustrom von Flüchtenden aus aller Welt eine große Herausforderung darstellt. Zuwenden, Helfen, Teilen und Zusammenrücken sind die menschlichen Gebote der Reaktion darauf. Das bedeutet in vielen Fällen auch, schnelle und vielleicht unpopuläre Entscheidungen zu treffen.
2. Die Strukturen der kommunalen Selbstverwaltung vertragen es aber nicht, wenn sie asymmetrisch verschoben werden. Ich bin bereit, schnelle und vielleicht unpopuläre Entscheidungen mitzutragen bzw. auch Eilentscheide des Oberbürgermeisters zur Kenntnis zu nehmen. Ein genereller Verzicht auf die Beteiligung des Gemeinderats jedoch muss die kommunale Demokratie unterhöhlen.
3. Zuletzt gilt auch, dass meine Zweifel an der Rechtsförmigkeit des soeben getroffenen Beschlusses nicht ausgeräumt sind.
Darum habe ich gegen die Vorlage der Verwaltung gestimmt.
Hans-Martin Mumm, GAL-Stadtrat
- Posted by GAL
- On 13. Oktober 2015