Radlerparade für mehr Platz und Sicherheit
Rhein-Neckar-Zeitung 21.09.2021:
Fünfte Heidelberger Radparade mit rund 500 Teilnehmern demonstrierte für ein besseres Wegenetz – Würzner: „Potenzial zur Fahrradhauptstadt“
Von Leon Zorn
Heidelberg. Einmal im Jahr regieren die Heidelberger Radfahrer auf den Autostraßen der Stadt – wenn auch nur für ein paar Stunden. Zum fünften Mal fand am Sonntag die Radparade statt, organisiert vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC), dem Radsportverein Heidelberg, den Grünen, der SPD, dem Studierendenrat der Universität und erstmals auch der Grün-Alternativen Liste. Die Demonstration steht für eine Förderung der städtischen Radkultur und ist zugleich Auftakt des Stadtradelns, an dem sich Heidelberg zum ersten Mal beteiligt und bei dem es darum geht, drei Wochen lang möglichst viele Kilometer mit dem Rad zurückzulegen. Ganz nach dem diesjährigen Motto „Unsere Stadt radelt“ ging es mit 500 Teilnehmern auf eine 15 Kilometer lange Strecke quer durch Heidelberg.
Die Gruppe trifft sich zur Mittagszeit auf dem Universitätsplatz – eine beeindruckende Versammlung. „Der große Anlauf hat mich sehr überrascht, das hatte ich mir überhaupt nicht so vorgestellt“, meint Leonie Gorkisch, die zum ersten Mal bei der Parade dabei ist. Ordner sorgen am Platz für den nötigen Sicherheitsabstand. Ursprünglich war die Demonstration für den Radkulturtag im Mai eingeplant, dieser musste aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen. Nun kann sie endlich nachgeholt werden, Masken müssen nur dann getragen werden, wenn kein Abstand eingehalten werden kann: also an Start und Ende der Tour.
In gemütlichem Tempo und mit anregenden Gesprächen ging es das Neckarufer entlang.
Michael Fröhlich vom ADFC begrüßt die Gruppe sehr erfreut: „Dank euch zeigen wir jedes Jahr, dass Radfahren für uns Heidelberger wichtig ist. Wir senden ein Signal und fordern Unterstützung.“ Zwar sei in den letzten Jahren schon viel für den Ausbau des Radwegenetzes getan worden – dennoch ließe sich noch vieles verbessern: mehr Fahrradstraßen für besseres Vorankommen in der Innenstadt etwa. Außerdem mangele es in diversen Stadtteilen noch an Radstellplätzen, die man Parkflächen für Autos vorziehen solle. „Heidelberg muss sich vorwärtsbewegen – für einen klimafreundlichen, fortschrittlichen Verkehr“, so Fröhlich.
Die Teilnehmer, darunter viele Studenten, sind alle begeistert von der Aktion. „Wir zeigen der Stadt heute unser Gesicht als Radfahrer. Wir sind da und fordern Unterstützung!“, meint Student Philipp Nierle überzeugt.
Vom Uniplatz aus geht es für die radfahrenden Demonstranten durch die Altstadt und die Weststadt bis nach Wieblingen. Höhepunkte sind eine Durchquerung des Schlossbergtunnels sowie eine Fahrt über den Autobahnzubringer Rittel. „Ein schöner Zusatz zum guten Zweck, auch mal ein paar ganz andere Seiten Heidelbergs kennenzulernen“, meint Gorkisch begeistert.
Helferinnen und Helfer vom ADFC sorgen auf der ganzen Strecke für ein sicheres Vorankommen der Gruppe. Mit Musik, anregenden Gesprächen und Fahrradklingeln ist die gute Stimmung auch für Außenstehende spürbar. Auf der Strecke kommt man mit vielen Gleichgesinnten in Kontakt, lernt sich untereinander kennen.
Auch Oberbürgermeister Eckart Würzner ist unter den Radlern, auf der ganzen Strecke ist er dabei. „Heidelberg steht für Nachhaltigkeit und Fortschritt – dazu gehört auch zweifellos der Ausbau des Radverkehrs“, so Würzner: „Heidelberg hat definitiv das Potenzial zur deutschen Fahrradhauptstadt.“
Auch auf der B 37, hier auf der Höhe der Alten Brücke, hatten die Radler Vorfahrt. Mit 500 Teilnehmern kamen mehr Personen als von den Organisatoren ursprünglich erwartet. Fotos: Alexander Hoene
Die Tour endet auf der Neckarwiese, nahe der Ernst-Walz-Brücke. Fröhlich bedankt sich im Namen aller Organisatoren bei der Gruppe. Sicherlich werde die Tradition auch im nächsten Jahr fortgesetzt. An fahrradbegeisterten Menschen, die diesen Zweck unterstützen, scheint es jedenfalls nicht zu mangeln.
Schnell muss die Straße dann aber auch wieder für den regulären Straßenverkehr frei gemacht werden. Doch einige Teilnehmer bleiben noch da, um einer zweiten Demonstration zuzujubeln: Mit der „Kidical Mass“ starteten Heidelberger Familien eine Tour vom Universitätsplatz bis zur Stadtbücherei – um sich unter dem Motto „Platz da für die nächste Generation“ für kinderfreundliche und lebenswertere Städte einzusetzen. Auch Kinder sollen sich sicher und selbstständig mit dem Fahrrad in Heidelberg bewegen können. „Denn erst dann können wir von einem wirklich zukunftsfähigen Straßenverkehr sprechen“, so Fröhlich.
- Posted by GAL (ck)
- On 4. Oktober 2021