Wird Anwohnerparken doch nicht teurer? – Entscheidung im Gemeinderat am 09.12.
Lesen Sie dazu auch den Stadtblattartikel von Judith Marggraf
Wird Anwohnerparken doch nicht teurer? (Update)
Es kam zum Patt von Gegnern und Befürwortern im Haupt- und Finanzausschuss. SPD und Linke wollen die Preissteigerung nur gestaffelt mittragen.
Denis Schnur Rhein-Neckar-Zeitung. Update: 24. November 2021, 20.06 Uhr
Eigentlich sah alles danach aus, als wäre die Entscheidung klar und die Abstimmung im Haupt- und Finanzausschuss am Dienstag zu höheren Parkgebühren für Anwohner ab 2022 nur Formsache. Im Haushalt sind die Mehreinnahmen schon eingeplant, die Verwaltung hatte ein Konzept mit Steigerungen auf 120 Euro jährlich im nächsten und bis zu 360 Euro in den Folgejahren vorgelegt. Der Klimaausschuss hat daraus mit großer Mehrheit nur die erste Stufe – 120 Euro im Jahr – übernommen und gleichzeitig gefordert, dass Heidelberg-Pass-Inhaber von der Erhöhung verschont bleiben. Das sagte nun auch die Verwaltung zu.
Und doch erhielt der Vorschlag keine Mehrheit im Finanzausschuss. Am Ende stimmten acht Räte dafür und acht dagegen – und bei Stimmengleichheit gilt der Punkt als abgelehnt. Zwar sind Abstimmungen in Fachausschüssen in der Regel nur Empfehlungen für den Gemeinderat – dieser stimmt am 9. Dezember über die Gebühren ab. Aber nachdem eine Zustimmung bislang als sicher gegolten hatte, ist nun nicht absehbar, wie er entscheiden wird.
Es sind vor allem zwei Fraktionen, die eigentlich für eine Erhöhung von Anwohner-Parkgebühren sind und auch dem Kompromiss im Klimaausschuss zugestimmt hatten, nun aber dagegen votierten: Sowohl SPD als auch Linke bemängelten, dass die Erhöhung auf 120 Euro im Jahr nur zu rechtfertigen sei, wenn sie sozial gestaffelt ist – also für Haushalte mit kleinerem Einkommen geringer ausfalle. „Sonst trifft das nur die Ärmsten. Den reichen Menschen sind die höheren Gebühren egal“, betonte SPD-Stadtrat Sören Michelsburg. Entsprechend beantragten die Sozialdemokraten wie schon im Klimaausschuss ein Staffelmodell mit mehreren Stufen. Diesmal sollten Haushalte mit einem Einkommen bis 56 000 Euro im Jahr entlastet werden und nur 70 Prozent zahlen.
Wie schon im Klimaausschuss entgegnete die Verwaltung jedoch, dass eine solche Staffelung nicht nur extrem aufwendig wäre, sondern wahrscheinlich rechtlich auch nicht haltbar. „Das Straßenverkehrsrecht lässt nur eine Härtefallklausel für einkommensarme Menschen zu“, erklärte Klimabürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain. Diese wolle man mit der Ausnahme für Heidelberg-Pass-Inhaber umsetzen.
Die Stadtspitze appellierte, die Erhöhung zumindest für 2022 jetzt umzusetzen. Im nächsten Jahr wolle man dann einen Weg suchen, dauerhaft eine Sozialermäßigung einzuführen. Und auch Oberbürgermeister Eckart Würzner warb nochmal für die Erhöhung. 120 Euro pro Jahr – zehn Euro monatlich – seien absolut verhältnismäßig für das Privileg, sein Auto in direkter Nähe zur Wohnung abzustellen. „Ich halte die Diskussion, dass das alle überfordere, gelinde gesagt für schwierig.“ Die bisherigen Gebühren von gerade mal drei Euro im Monat seien „der realen Nutzung einfach nicht angemessen“.
Die SPD zog ihren Vorschlag einer Staffelung „aus rechtlichen Bedenken“ zwar zurück, blieb aber beim „Nein“ zu der Erhöhung – und schloss sich damit CDU, FDP, Heidelbergern und AfD an, die die Preissteigerung komplett ablehnen. Weil auch die Linke im Ausschuss gegen den Vorstoß stimmte, kam das Patt zustande.
Parken für Anwohner wird ab Januar deutlich teurer (Update)
Von Denis Schnur Rhein-Neckar-Zeitung. Update: 18. November 2021, 20.15 Uhr
Heidelberg. Das Parken für Anwohner wird in einigen Stadtteilen deutlich teurer – und zwar wohl schon ab 1. Januar 2022. Denn für das nächste Jahr empfiehlt nicht nur die Stadtverwaltung eine Erhöhung der Gebühren von 36 auf 120 Euro jährlich – auch eine klare Mehrheit der Stadträte im Mobilitätsausschuss stimmte am Mittwoch dafür. Entsprechend dürfte auch der Gemeinderat am 9. Dezember zustimmen. Die Pläne für die weiteren Erhöhungen auf 240 Euro im Jahr 2023 und 360 Euro im Jahr 2024 wollen die Räte dagegen zunächst auf Eis legen.
Denn sie finden die Maximalhöhe zwar mehrheitlich gerechtfertigt, pochen jedoch darauf, dass die Gebühr nicht alle Autohalter in den betroffenen Stadtteilen – Altstadt, Bergheim, Handschuhsheim, Neuenheim, Rohrbach und Weststadt – gleich trifft. Verschiedene Fraktionen schlugen stattdessen unterschiedliche Modelle einer sozialen Staffelung vor. Am weitesten ging die SPD, die das Modell der Kita-Gebühren mit sechs Rabatt-Stufen übernehmen wollte. Haushalte mit einem Jahreseinkommen unter 43.000 Euro müssten dann etwa nur 35 Prozent der Gebühr zahlen, bei Einkommen zwischen 69.001 und 82.000 Euro würde der Betrag auf 85 Prozent reduziert. „Wir halten das für sozial gerecht“, betonte Sören Michelsburg.
Der SPD-Vorschlag ging einigen Fraktionen zu weit – Björn Leuzinger (Die Partei) bemängelte etwa, dass dann Haushalte mit 69.000 Euro im Jahr neun Euro pro Monat sparen würden: „Das sind Einkommen, da kommt es auf neun Euro nicht an.“ Vor allem machte aber die Stadtverwaltung deutlich, dass eine Staffelung rechtlich wohl nicht haltbar und technisch nicht machbar wäre. „Die Gebührenordnung sieht grundsätzlich einheitliche Gebühren vor“, erklärte Klimabürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) – Gleiches gelte ja auch bei Strafzetteln. Es sei fraglich, ob eine Staffelung zulässig wäre. Lediglich eine Härtefallklausel für „einkommensarme Personen“ hält er für möglich, und schlug – wie schon die Grünen und Leuzinger – vor, nur die Bezieher des Heidelberg-Passes zu entlasten. „Da gibt es bereits ein System, wie Menschen ihre Bedürftigkeit nachweisen.“
Für eine Staffelung im nächsten Jahr gibt es jedoch auch eine ganz praktische Hürde: Das Computerprogramm, dass die Stadt zur Verwaltung der Gebühren nutzt, sieht nur gleiche Beträge vor. Es soll zwar ersetzt werden, aber das dauert: „Ich kann mir kein neues EDV-System stricken bis Januar“, so Schmidt-Lamontain.
Da die Mehrheit der Gemeinderäte die Gebührenerhöhung jedoch schon für 2022 beschließen will – und die Mehreinnahmen bereits im Haushalt eingeplant sind –, einigten sich schließlich mehrere Fraktionen auf einen Kompromiss: Zunächst sollen die Gebühren ab Januar auf 120 Euro erhöht werden. Zusätzliche Steigerungen für die Folgejahre wolle man erst diskutieren, wenn das EDV-System auch eine gerechtere Staffelung zulasse. Zudem steht Anfang des Jahres die Debatte über eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung auf weitere Stadtteile an.
Aber schon 2022 sollen mit den Inhabern des Heidelberg-Passes bereits bedürftige Haushalte von der Erhöhung verschont bleiben – auch wenn noch unklar ist, wie das trotz veralteter Technik umgesetzt werden kann. Die Verwaltung soll bis zur Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am nächsten Mittwoch Vorschläge ausarbeiten.
Hintergrund:
Grüne, GAL, Bunte Linke, „Partei“ und eine SPD-Rätin stimmten für die Erhöhung der Parkgebühren; CDU, „Heidelberger“ und AfD dagegen. Ein SPD-Rat und ein Linker enthielten sich.
> Christoph Rothfuß (Grüne): „Wir zahlen 35 Millionen Euro mehr für den Autoverkehr, als wir einnehmen. Die höheren Gebühren sind ein Mittel, um von diesem Defizit runterzukommen.“
> Michael Pfeiffer (GAL): „Es geht nicht nur ums Geld, es geht ums Klima – und es geht darum, die Aufenthaltsqualität und Sicherheit in der Stadt zu steigern.“
> Bernd Zieger (Linke): „Wir sind grundsätzlich für höhere Parkgebühren – aus Gründen des Klimaschutzes. Aber in dem Vorschlag steckt eine soziale Ungerechtigkeit. Ohne soziale Staffelung können wir nicht zustimmen.“
> Alexander Föhr (CDU): „Es gibt keine faire Lösung. Am Ende trifft es vor allem die Pendler und Menschen, die sich keinen eigenen Parkplatz leisten können.“
> Die Heidelberger (per Pressemitteilung): „Die für 2022 vorgesehene Gebühr ist in Ordnung, aber die Preiserhöhungen in den Folgejahren sind nicht plausibel und absolut unverschämt!“
> FDP (nicht im Ausschuss anwesend, per Pressemitteilung): „Die FDP lehnt die vorgeschlagene Erhöhung strikt ab. Sie verschärft die soziale Spaltung in den betroffenen Stadtteilen.“ dns
In Heidelberg wird Anwohnerparken ab Januar deutlich teurer
Von Denis Schnur Rhein Neckar-Zeitung
Heidelberg. Wer sein Auto regelmäßig in einem Heidelberger Stadtteil mit hohem Parkdruck abstellt, muss dafür künftig deutlich tiefer in die Tasche greifen: Denn die Stadtverwaltung schlägt vor, die Kosten für Anwohnerparkausweise ab 1. Januar 2022 zunächst auf 120 Euro pro Jahr zu erhöhen. In den Folgejahren soll die Gebühr dann sogar auf 240 und 360 Euro steigen. Hinzu kommen jeweils fünf Euro Bearbeitungsgebühr für das Ausstellen des Dokumentes.
Mit dem Ausweis darf man sein Fahrzeug in den Stadtteilen, in denen eine Parkraumbewirtschaftung gilt – Altstadt, Bergheim, Handschuhsheim, Neuenheim, Rohrbach und Weststadt –, am Straßenrand abstellen. Bislang hatte das Land für das Dokument inklusive Besucherbogen und Bearbeitungsgebühr einen festen Preis von 36 Euro pro Jahr festgeschrieben. Im Sommer dieses Jahres hat das Land nun jedoch den Kommunen die Möglichkeit gegeben, selbst eine Gebühr festzulegen.
„Die Stadt Heidelberg möchte den Handlungsspielraum nutzen und von der neuen Rechtsgrundlage Gebrauch machen“, schreibt die Verwaltung in der Vorlage, mit der sich am Mittwoch zunächst der Klima- und Mobilitätsausschuss befassen wird. So sollen Autofahrer stärker an den Kosten beteiligt werden, die entstehen, wenn die Stadt öffentliche Parkflächen anlegt und pflegt.
Denn wie eine Studie der Uni Kassel 2020 zeigte, wird der Auto- und Lkw-Verkehr bislang so stark subventioniert wie keine andere Mobilitätsart. Diese Lücke soll die Gebührenerhöhung ein wenig schließen: Schon für das kommende Jahr rechnet die Stadt dadurch mit Mehreinnahmen von rund 1,1 Millionen Euro. Ab 2024 – wenn die volle Gebühr von 360 Euro jährlich fällig wird –, erwartet man sogar 3,6 Millionen Euro mehr in der Stadtkasse.
Dabei ist schon eingerechnet, dass durch die höheren Preise ein Teil der Autohalter motiviert wird, ihr Fahrzeug entweder auf einem Privatparkplatz abzustellen oder sogar ganz darauf zu verzichten: „Die Verwaltung nimmt an, dass mit jeder neuen Gebührenstufe circa zehn Prozent weniger Ausweise beantragt werden.“ Statt 15.863 wie im Jahr 2020 würden dann 2024 nur noch 11.565 Ausweise benötigt. Dadurch würde auch der Parkdruck für die verbleibenden Autohalter sinken. Ein Teil der Parkplätze könnte jedoch langfristig auch umgewidmet und anders genutzt werden.
Geht es nach der Stadtverwaltung, wird die Gebühr für alle Bezieher eines Bewohnerparkausweises gleichermaßen erhöht: „Eine Differenzierung beispielsweise nach Art und Größe des Fahrzeugs oder der Lage im Stadtgebiet sowie die Aufnahme weiterer Vergünstigungen ist mit einem hohen Bearbeitungsaufwand verbunden und mit dem aktuellen Veranlagungsverfahren technisch nicht umsetzbar“, begründet sie dies. Auch eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung auf andere Stadtteile sei nicht vorgesehen.
Die Entscheidung über die Erhöhung fällt der Gemeinderat in seiner Sitzung am 9. Dezember. Dabei dürfte der Vorschlag zwar – wie viele andere Verkehrsthemen auch – emotional und heftig diskutiert werden. Dass die Gebühren zum Jahreswechsel steigen werden, gilt jedoch als sicher. Denn bei der Verabschiedung des Haushaltes für 2022 hat eine große Mehrheit der Gemeinderäte bereits eine Million Euro Mehreinnahmen aus dem Anwohnerparken eingeplant.
- Posted by GAL (ck)
- On 25. November 2021