Heidelberg – kein Piccadilly Circus!, Stadtblattbeitrag von Wassili Lepanto am 13.1. 2015

Das Heidelberg Marketing bemüht sich die Stadt zum Schöne-Welt-Paradies aufzuwerten, als ob es keine Schattenseiten gäbe: die Altstadt als ein erholsamer Ort, an dem man sich gerne aufhält. Doch jenseits dieser inszenierten Wohlfühl-Kultur zeichnet sich eine rasant verschlechternde Realität für die Stadtbewohner ab, bis hin zu einer zunehmenden „Altstadt-Flucht“.

Der Lärm der Straßengastronomie, die Nachtschwärmer vor den Lokalen, die alkoholisiert grölend von Kneipe zu Kneipe ziehen, prägen das nächtliche Bild und den Lärmpegel. Sie verunreinigen Straßen, tragen lautstark Konflikte aus und beschädigen Gegenstände. Man wacht auf, befürchtet, eine Gewalttat sei geschehen und ist versucht, die Polizei zu rufen. Die aktuellen Öffnungszeiten bis 5 Uhr geben den Rahmen dazu.

Die frühere Sperrstunde 2 bzw. 3 Uhr war schon kaum zu ertragen, der aktuelle Zustand ist völlig unerträglich! Die im März anstehende Überprüfung der jetzigen Sperrzeit muss die Altstadt wieder Bewohner freundlicher machen: zur alten Regelung zurückführen oder gar generell auf 2 Uhr unter der Woche und am Wochenende festlegen.

Foto:
Gabriel Villena
Picadilly Circus
(CC BY-ND 2.0)
Picadilly Circus

Ein aufregendes Jahr…

Stadtblattbeitrag von Judith Marggraf am 23.12. 2015

… liegt hinter uns und im Gemeinderat mussten viele, für unsere Stadt richtungsweisende Entscheidungen getroffen werden.

Wir haben in unserer Fraktionsgemeinschaft in fast allen wichtigen Fragen Übereinstimmung erzielen können. Für uns war es eine Selbstverständlichkeit, den Menschen, die auf Ihrer Flucht bei uns gestrandet sind, die größtmögliche Hilfe zu gewähren.

Eine große Herausforderung, die uns viel beschäftigt, sind unsere Konversionsflächen. Wir sind uns einig, dass insbesondere bezahlbarer Wohnraum aber auch besondere Wohnformen Priorität haben sollten.

Ein Trauerspiel war für uns das patriarchische Verhalten unseres OB bei der vorgetäuschten „Bürgerbeteiligung“ Patton Barracks. Wenn dort auch primär Wirtschaftsflächen ausgewiesen werden sollen, so wäre es verkehrt, nicht zumindest im südöstlichen Bereich auch Wohnen einzuplanen.

Doch trotz diesen „Sonderaufgaben“ werden wir nicht vergessen, uns auch um die ebenso wichtigen Dinge wie Kulturförderung, Verbesserung der Sportanlagen, Qualitätsoptimierung bei der Betreuung unserer Kinder in Kindergärten und Schulen zu kümmern.

Bildquelle: https://www.flickr.com/photos/lenzmoser/15646521215/in/photolist-pQCvDa-eE1xhi-rY1kbV-rVHeKw-gZHtFx-eE7znm-eE7Aod-eE1BDH-rVH8Nw-rVHhZY-fSqD9p-fSqKL3-34vkHE-eE1Gnc-eE1oLa-4QPVsv-fSqscK-9Tybji-fSpaMD-aGGXED-aNUwRz-eCZCxg-eE7GDw-qJv1ii-ffeoCG-7DjmC-g2hMZ1-eE1Dyc-eE1H8e-AiAEi3-pK53sB-pfTRnj-AjMSsD-ndZ5pX-uh1ezE-gZHsLL-gZHoXU-fSpG45-gZGWVp-o9ZmSC-k7Qa41-9YhP5Z-aNUtA2-aNUsx6-nzE75c-h3Ujh2-6sdved-75Za1c-gZHdp1-5jhwvi

Vor 8 Jahren, Stadtblattartikel von Judith Marggraf am 16.12. 2015

… haben wir erstmals den Antrag gestellt, den Kindergartenbesuch für Eltern aus der unteren Einkommensgruppe kostenfrei zu stellen.

Die Idee kam aus dem damals vorgelegten Armutsbericht der Stadt, der belegte, dass v.a. Alleinerziehende in dem Dilemma sind, Kinderbetreuung zu brauchen um arbeiten zu können, dann aber in der Kostenfalle landen, weil sie Lohn oder Gehalt wieder in die Kinderbetreuung investieren müssen.

Der Plan war, in drei Stufen vom 3. bis zum 1. Kindergartenjahr diese Beitragsfreiheit zu realisieren. Im letzten Haushalt konnten wir dafür leider keine Mehrheit im Gemeinderat finden, aber jetzt, mit dem Haushalt 2015/2016, ist die Beitragsfreiheit für die drei Jahre Kindergartenzeit komplett und wir werden darüber nachdenken, ob man sie auch auf die Betreuung der unter 3jährigen ausweiten kann.

Kinder dürfen kein Armutsrisiko sein und deshalb braucht es gerade in den Bereichen Betreuung und Bildung neben guten Angeboten auch entsprechende Unterstützung.

Foto: Kevin Jarrett
„E-mail,“ by my Kindergarten students
https://www.flickr.com/photos/kjarrett/7031929377/in/photolist-bHotBF-bHotzX-bHotzi-bHotmF-8PWpEn-dkijyC-hj7feD-bCCLeE-oHuNrS-nLXKaA-fG4vPa-AbjBwk-8t1xrV-a4Mm5U-4Xdwrr-o4sjZx-7ei7LP-pbYiCW-e4Lw5o-nLXZcb-624Nbn-butG8J-butG7W-bHotxV-butG75-butG5E-butG4E-butG2U-butG17-butFZs-butFYY-butFYG-butFXJ-butFWW-butFWE-butFVu-butFV1-butFUA-5gmRsU-6vhZXN-75WwhX-fG4u1B-5ywJCJ-7q35fH-pqXUou-a4JtVB-J9due-65zNiq-fGm6kS-f4vroz

Karlstorkino, Stadtblattartikel von Wassili Lepanto am 9.12.2015

Unsere Innenstadt wird wie überall in Deutschland vom Management für City-Vermarktung – mit kommunaler Unterstützung – so mit Veranstaltungen überbelebt und neu bepflastert, dass die alte Wohnbevölkerung flieht. Dort, wo durch Innenstadtsanierung nur teurer Wohnraum entsteht, sieht man kaum Familien.

Der Bereich Kultur, Bildung und Erziehung kann nicht genug unterstützt werden. So auch das Bestreben des Trägervereins des kommunalen Kinos, der 5000 Unterschriften für den Verbleib des Karlstorkinos gesammelt hat.

Der Gemeinderat wäre in der Sitzung am 10.12. gut beraten, wenn er, der Empfehlung des Kulturausschusses folgend, das sozio-kulturelle Zentrum „Karlstorbahnhof“ mit allen seinen Einrichtungen (d.h. samt Kino) 2017 in die Südstadt zu verlegen, sich dafür ausspricht, dass die Zukunft des Gloria-Gloriette-Kinos in der Hauptstraße gesichert ist, oder ein anderes kommunales Kino in der Altstadt, am besten im Wormser Hof (Hauptstr. 110) entsteht.

Für die Innenstadt mit großer Anzahl junger und älterer Menschen ist eine solche Einrichtung absolut notwendig, – wie das Theater oder das Museum.

Foto: Blondinrikard Fröberg
The audience is waiting
Bio Capitol, Göteborg, Cinemateket
The audience is waiting

Schulsekretariate, Stadtblattartikel von Michael Pfeiffer am 2.12. 2015

Ein Erstklässler hat sich auf dem Weg zur Toilette eingenässt und möchte aus Scham nicht zurück in die Klasse. Er sucht Hilfe beim Sekretariat, aber das ist geschlossen.

Eine Mutter möchte ihr Kind wegen Krankheit von der Schule abmelden und „darf“ mit dem Anrufbeantworter sprechen. Das Sekretariat ist erst ab 8:30 Uhr geöffnet oder auch erst am nächsten Tag. Die Lehrerin vermisst das Kind und weiß nicht, ob es auf dem Schulweg war oder zu Hause blieb. Die Schulleitung ist wegen Vertretungsstunden selbst im Unterricht.

Ein Kind musste sich übergeben, möglicherweise ein Noro-Virus. Das Kind sollte nicht im Klassenzimmer bleiben sondern abgeholt werden. Wer kümmert sich um den Krümel an der Schule?

In der Jugendverkehrsschule warte ich auf eine Schulklasse, die noch nicht gebracht wurde. Der Busfahrer, der nur kurze Zeit in der Nähe der Schule wartet, konnte niemanden in der Schule erreichen. Mir fehlt die gute Seele der Schule, die Sekretärin.

Ein kleiner Auszug von alltäglichen Situationen. Ich denke, die Schule sollte vormittags durchgängig erreichbar sein. Ein entsprechender Antrag, dem Gemeinderat hierüber zu berichten, wurde von der SPD und meiner Fraktion gestellt. Schreiben Sie mir zu diesem Thema.

Ein friedvolles Weihnachtsfest wünsche ich Ihnen.

An den Gedenkveranstaltungen in Gurs …, Stadtblattartikel von Hans Martin Mumm am 25.11. 2015

… nahmen für Heidelberg Bgm Hans Jürgen Heiß und für den Stadtrat Dr. Simone Schenk, Dr. Jan Gradel, Michael Rochlitz und ich teil.

Dort standen nicht die Reden der Offiziellen, sondern die Erinnerungen von drei Zeitzeugen im Mittelpunkt. Eva Mendelsson, Margot Wicki-Schwarzschild und Paul Niedermanns schilderten, wie sie als Kinder nach Gurs verschleppt wurden und wie sie die gewaltsamen Entzivilisierung erlebten: keine Betten, kein Essgeschirr, Trennung der Familien. Deutlich wurde auch der starke Überlebenswille, der ihnen Wege aus dem Lager ermöglichte.

Nicht zur Sprache kam, dass in den Vertreibungsorten die Habseligkeiten der Deportierten öffentlich versteigert wurden: Viele haben davon profitiert und alle haben es gewusst. Für Heidelberg ist dieser Vorgang noch gar nicht aufgearbeitet.

Trotz aller psychischen Narben zeigten die Zeugen keinen Hass, sondern waren sich in ihrem Appell einig, dass es nie wieder Ausgrenzung und Rassenhass geben darf.

Nous sommes ….., Stadtblattartikel von Judith Marggraf am 18.11. 2015

Ja, wir alle sind in diesen Tagen Pariser, Franzosen, Europäer. Die schrecklichen Verbrechen vom vergangenen Freitag, die Bilder aus Paris seither machen sprachlos, traurig, wütend und ja, sie machen auch Angst. Wenn das hier passiert wäre, Menschen in der Halle 02 und auf dem Marktplatz getroffen hätte….

Bei solchen Verbrechen wider die Menschlichkeit sitzen wir alle in einem Boot. Und in diesem Boot sitzen auch die vielen Flüchtlinge, die vor genau diesem Terror bei uns Schutz suchen! Lassen wir uns nicht auseinander dividieren: Arme Franzosen, böse Belgier; gute und schlechte Flüchtlinge; offene oder abgeschottete EU Staaten.

Ein Plakat der Bundeswehr, das mir in den vergangenen Tagen eher merkwürdig auffiel, hat durch die Ereignisse in Paris einen Sinn erhalten:
„Wir kämpfen auch dafür, dass ihr gegen uns sein könnt“.

Radwege, Stadtblattartikel von Michael Pfeiffer am 28.10. 2015

Es vergeht kaum eine Gemeinderatssitzung, bei der nicht auch das Thema Radweg auf der Tagesordnung steht. Und das ist gut so.

Der Ausbau des Radwegenetzes muss noch schneller vorangetrieben werden. Dies belegen auch die Zahlen auf den neuen Anzeigetafeln, bei denen die Radfahrer*innen gezählt werden, z.B. Gaisbergstraße ca. 4-5tsd täglich. Ich stelle mir dann manchmal vor, die wären alle mit dem Auto unterwegs.

Oft sind es Kleinigkeiten, die es dem Radler schwer machen wie z.B. felgenzerstörende Bordsteine oder unbeleuchtete innerstädtische Radwege. Die geplante Radwegtrasse vom Heidelberger Süden über die Bahnstadt-Bergheim und über eine eigene Neckarbrücke bis ins Neuenheimer Feld wird eine deutliche Erleichterung für alle werden.

Und vielleicht reift bei dem ein oder anderen Kollegen aus Kirchheim und Rohrbach noch die Erkenntnis, dass die Sickingenbrücke als Rad/Fußverbindung eine absolut sinnvolle Maßnahme wäre und sie als Autofahrer von lästigen Radfahrern auf der Bürgerbrücke befreien würde.

Viele Straßen in Heidelberg …, Stadtblattartikel von Hans Martin Mumm am 21.10. 2015

… hätten Umbenennungsbedarf. Sie heißen nach Nazis (Dischinger, Endemann), nach Kriegsgrößen (Moltke, Roon, von Werder), nach Waffenentwicklern (Bothe, Hahn, Wankel) oder nach Antisemiten (von Arnim, Jahn, Patton).

Die Grünen haben in ihrer Ahnungslosigkeit nun den einzigen Juden auf dieser Liste herausgepickt: Umbenennung der Haberstraße in Rohrbach-Süd. Das Thema ist aber zu komplex für Skandalgeschrei, die deutsche Geschichte lässt sich nicht per Federstrich purifizieren.

Im Jüdischen Museum in München etwa gibt es zu Fritz Haber eine ganze Vitrine, in der die Konfliktsituation der patriotischen Juden im 1. Weltkrieg aufgearbeitet wird. Auch im Carl-Bosch-Museum Heidelberg ist dieses Thema verschiedentlich angesprochen worden.

Bevor also ein Umbenennungsantrag auf den anderen folgt, sollte der Gemeinderat eine eigene Expertenkommission damit beauftragen, die Straßennamen auf ihre Würdigkeit auszuwerten und Vorschläge für ein einheitliches Vorgehen zu machen.

Vorgeschmack, Stadtblattartikel von Judith Marggraf am 14.10. 2015

Was für eine wunderbare Szenerie: Das Torhaus der Campbell Barracks rot und golden beleuchtet, rein und raus strömen Menschen in Autos, auf Fahrrädern und zu Fuß, auf dem Paradeplatz die Zeltlandschaft des internationalen Filmfestivals, einige Liegestühle auf den Grünflächen…..

So oder ähnlich wird es hoffentlich auch in Zukunft sein. Belebt, attraktiv, ein Anziehungspunkt nicht nur für die Menschen im Heidelberger Süden.

Ja, es war schön beim Eröffnungsabend des Filmfestivals! Die vielen gutgelaunten Kinogänger – einige vielleicht auch „nur“ aus Neugier auf den neuen Standort – waren ein Beweis dafür, dass Kultur (und Kino!) nicht nur in der Altstadt ‚funktioniert‘. Das ist eine Ermunterung für den Karlstorbahnhof und hoffentlich auch eine Ermutigung für das kommunale Kino!

Michael Kötz und seinem Team gebührt ein großer Dank für die Idee und den Mut diesen neuen Standort auszuprobieren und den Heidelbergern damit einen ersten, gelungenen Vorgeschmack auf neues, urbanes Leben im Süden zu ermöglichen.