Debatte – Bürgerbegehren zum Großen Ochsenkopf
Warum ich das Bürgerbegehren zum Großen Ochsenkopf problematisch finde:
Dieser Tage fragte mich mein Apotheker, ob ich schon für den Großen Ochsenkopf unterschrieben habe. „Ich denke noch darüber nach. Ich würde gerne wissen, wohin dann der Betriebshof kommt.“ „Aufs Air-Field natürlich“, war die Antwort. In der öffentlichen Wahrnehmung klebt der ehemalige Flugplatz offenbar als Alternativstandort fest an dem Bürgerbegehren, auch wenn das nicht in der Absicht der Initiative liegt. Der Begründungstext nennt ausdrücklich die Vorteile der jetzigen Lage des Betriebshofs, für die die GAL bis zum Schluss im Gemeinderat gestimmt hat. Uns war dabei bewusst, dass unsere Haltung nicht populär ist, dafür aber völlig sachgerecht. In dem Text wird dann aber auch das ehemalige Air-Field als möglicher Standort genannt.
Den Antrag, den Betriebshof auf das Air-Field zu verlegen, hatten die Grünen gestellt, nachdem sich ihre Gemeinderatsfraktion nicht auf eines der beiden Bergheimer Areale einigen konnte. Damit wäre dem Öffentlichen Nahverkehr ein Bärendienst erwiesen worden: zusätzliche Investitionen für die Gleisverbindung, täglich erheblich längere Leerfahrten und ein längerer Planungsvorlauf. Diese Mehrkosten sind ja nicht nur in Euro zu bemessen, sondern auch in vermehrten CO2-Emissionen und sinkender Attraktivität des ÖPNV. Und die Straßenbahn nach Schwetzingen fährt am besten über die Kirchheimer Strecke.
Meine Sorge ist, dass die Förderung des Öffentlichen Verkehrs unter einer erfolgreichen Ochsenkopf-Kampagne Schaden nimmt. Eine Mehrheit im Bürgerentscheid würde den Beschluss für einen neuen Betriebshof um – sagen wir – ein weiteres Jahr verschieben. Das allein wäre schon ein Grizzly-Bärendienst für den ÖPNV. Ein Verbleib am alten Standort wäre dann so wenig wahrscheinlich wie nach dem jetzigen Gemeinderatsbeschluss. Die CDU war ja im Vorfeld bereits einen kurzen Moment lang bereit gewesen, der grünen Position zu folgen.
Die gesetzlichen Grundlagen erlauben für Bürgerentscheide nur eine einzige Fragestellung. Von daher war eine Verbindung des Schutzes des Großen Ochsenkopfs mit dem Verbleib des Betriebshofs rechtlich nicht möglich. Die Fragestellung hätte aber auch lauten können: „Sind Sie dafür, dass der Betriebshof am bisherige Standort neu gebaut wird?“ Diese Fragestellung hätte dieselbe Stoßrichtung, aber vermutlich weit weniger Aussicht auf Erfolg gehabt. Und genau da liegt das Problem.
Dem Bürgerbegehren liegt eine eindeutige Priorisierung zugrunde: Biotop first, ÖPNV second. Die relative Gleichgültigkeit in der Standortfrage ist der gesamten Kampagne inhä-rent. Die Episode mit meinem Apotheker bestätigt das. Das hat auch die Initiative gespürt und sich in ihrem Text zum ÖPNV bekannt. Entscheidend ist aber der Akzent, den die Fragestellung selbst setzt. Wer wie ich beide Ziele – Grünflächenschutz und Verkehrswende – für gleichrangig hält, muss abwägen und prüfen, welche Kollaterialfolgen eine Kampagne hat. Manchmal kann die Lösung auch darin bestehen, eine Niederlage hinzunehmen. Eine solche abwägende Diskussion hat mich nicht erreicht, und auch die GAL hat sie nicht geführt. Meine Unterschrift wird daher auf den Listen fehlen.
Hans-Martin Mumm, 4. Februar 2019
Warum auch ich das Bürgerbegehren zum Großen Ochsenkopf befördere:
Die GAL hat sich bei der Abstimmung im Gemeinderat richtig verhalten: pro Verbleib des Betriebshofs auf der bisherigen (und nach W erweiterbaren) Fläche, pro Erhalt des Naturareals auf dem Alten Ochsenkopf mit seinem (laut städtischem Gutachten!!!) hohen klimatischen Wert, aber auch gleichzeitig mit seiner großen Bandbreite an Biodiversität.
Global denken, in Heidelberg handeln: in Zeiten einer Klimakrise mit zunehmend katastrophalen Folgen und einer gigantischen Dezimierung des Artenspektrums auch vor Ort ist die Zerstörung solcher Flächen nicht verantwortbar. Heidelberg hat sich den Umweltschutz auf die Fahnen geschrieben – und spricht ihm in der Praxis Hohn.
Beim Bürgerbegehren für den Erhalt des Großen Ochsenkopfs geht es nicht um die Priorisierung eines Biotops zuungunsten des ÖPNV. Es geht darum, das eine zu tun und das andere nicht zu lassen. Das Airfield als Standort für einen Betriebshof anzudenken, ist eine von den „Grünen“ generierte Illusion. Das Bürgerbegehren bietet die Chance, die Niederlage des Umweltschutzes und eines vernünftigen ÖPNV-Konzepts mit einem zentralen Betriebshof umzukehren.
Eine andere Fragen-Formulierung wie im Bürgerbegehren war aus formal-juristischen Gründen nicht möglich.
Ich hoffe, dass es erfolgreich ist und zu einem erfolgreichen Bürgerentscheid im Sinne des GAL-Votums im Gemeinderat führt.
Gerd Guntermann, 10. Februar 2019
Ihr Lieben,
ich stimme Hans-Martin zu. Wenn der Bürgerentscheid durchgehen sollte, würde die Diskussion Standort Betriebshof wieder von vorne anfangen und das kann ich als RNV-Aufsichtsrat und Noch-Mitarbeiter nicht unterstützen. Noch mal jahrelanges Suchen und dann? Wenn der Bürgerentscheid einen neuen Standort vorschlagen würde und darüber abgestimmt werden würde, wäre das evtl. was anderes, z.B. kein RNV-Standort auf der Ochsenkopfwiese sondern am alten Standort.
Wenn schon Bürgerentscheid, dann sollen die Bürger über den Standort abstimmen.
Gruß Ernest
Von Ernest Kellner
- Posted by GAL (ck)
- On 14. Februar 2019