Haushaltsrede von Judith Marggraf am 26.3. 2015
Herr Oberbürgermeister,
meine Herren Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
als 5. von 9 HaushaltsrednerInnen werde ich jetzt nicht staatstragend analysieren, bewerten oder mahnen. Das haben andere bereits getan und weitere werden es noch tun.
Stattdessen bedanke ich mich zuerst einmal:
1. bei meiner Fraktion (ich rede hier für die GAL, HD pflegen&erhalten und die gen.hd) für das Vertrauen, dass man mir als quasi Verhandlungsführerin geschenkt hat – ich bin nicht ganz ohne Kritik davongekommen, aber meine Männer standen und stehen hinter mir. Danke dafür!
2. Bei allen Kolleginnen und Kollegen, die sich in den beiden Verhandlungsrunden, in zahlreichen mails und Telefonaten für das Zustandekommen des Paketantrages eingesetzt haben. Besonders – wie immer – bei Anke Schuster und Jan Gradel als den Chefs aller Exeldateien! Aber auch bei Kristina Essig, die in beiden Gesprächsrunden geduldig protokolliert hat.
Ich denke in zwei Jahren kann dann auch mal unsere dritte große Fraktion einen Teil dieser aufwändigen Organisationsleistung übernehmen!
Wir legen gemeinsam heute ein Paket von Anträgen vor.
Für dieses gemeinsame Paket haben in wir in zwei gemeinsamen Runden Anträge qualifiziert und konkretisiert, manche Spitze/ manches Extrem herausgenommen, Vieles in den „normalen“ Gremienlauf verwiesen um eine qualifizierte Information und Diskussion zu gewährleisten und im Ergebnis die Antragszahl um mehr als die Hälfte reduziert,
Wir freuen uns, dass es uns gelungen ist, fast alle unsere Anliegen im Paket unterzubringen:
mehr Geld für die Gewaltprävention an Schulen – weil wir wissen und sehen, dass Prävention sich auszahlt
eine deutliche Verbesserung für das Frauennachttaxi – um ein gutes Projekt wieder aus dem Dornröschenschlaf zu wecken
verbesserte Nachsorge für Kinder, die sich mit ihren Müttern im Frauenhaus aufhalten mussten
einiges an Geld für’s Kulturamt: Frau Dr. Edel hat jetzt insbesondere zusätzliches Geld, um unserem neuen Status als City of Literature einen qualitativ starken Auftakt zu verschaffen
der 2.BA Harbigweg, damit die vielen Kinder und Jugendlichen die die Sportanlagen Süd nutzen sich nicht in einem verkehrsunsicheren Flickwerk bewegen müssen
die Skateranlage beim Sportzentrum West, damit auch dort ein Angebot für Jugendliche geschaffen wird (so als allgemeine Anregung: die ein oder andere Slackline oder das Ausweisen einer Parcourstrecke wäre ein schönes Signal für die, die den Kinderspielplätzen entwachsen sind!)
Besonders wichtig waren uns 3 Punkte:
die Beitragsfreiheit in Kitas für Inhaber des HD Passes: Wir haben dieses Projekt vor 6 Jahren begonnen, in Reaktion auf den ersten und bislang einzigen Armutsbericht der Verwaltung. Wir haben aus gutem Grund damals mit dem 3. KiTa-Jahr begonnen – vor 2 Jahren fand sich dann leider keine Mehrheit für den letzten Schritt bei diesem Projekt. Umso mehr freue ich mich auch persönlich, dass es diesmal ganz ohne Diskussion möglich war, jetzt die gesamte Kita Zeit von 3 Jahren bis zum Schuleintritt für die unteren Einkommensgruppen beitragsfrei zu stellen.
Kinder dürfen kein Armutsrisiko sein – und wir machen jetzt einen ersten Knopf an ein gutes Projekt
der zweite, für uns wichtige Punkt waren die Schulsanierungen. Hier gebe ich unumwunden zu, dass wir nicht mutig genug für die großen Beträge waren. Umso mehr tragen wir jetzt aber mit Überzeugung die Anträge dazu mit: 1,5 Mio allgemein für Modernisierungen und Sanierungen und 1,5 Mio für eine Generalsanierung des Hölderlingymnasiums. Dazu ganz klar und konkret: Das Hölderlin steht nicht zur Disposition! Und hier wissen wir uns mit einer großen Mehrheit des Gemeinderates und auch mit der Stadtspitze im Einklang!
– last but not least möchte ich noch unser Anliegen im aktualisierten Leitantrag erwähnen: „Der Gemeinderat wird sich in dieser Haushaltsperiode intensiv und lösungsorientiert mit der Frage der Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs und der damit zusammenhängenden Situation der SWH beschäftigen.“ Uns ist diese Thema auch unter dem Aspekt der städtischen Schuldenentwicklung wichtig. Nachdem es im vorletzten Haupt- und Finanzausschuss aber so monologisch zerredet wurde, sind wir erleichtert, dass wir es nun an exponierter Stelle und im Sinne einer Selbstverpflichtung „setzen“ konnten.
Natürlich haben wir – wie alle anderen auch – Kröten geschluckt. Ich denke, es verbiete sich aber, jetzt an Paketanträgen rumzukritteln.
Eines nur: Nicht nur wir hätten den Bau der Sickingenbrücke gerne vorgezogen – darauf mussten wir verzichten, damit wir die 5. Neckarquerung retten konnten – wenn auch „nur“ die für die Radler……
Lassen Sie mich jetzt noch ihr Augenmerk auf einen ganz eigenen Aspekt bei den HH Beratungen lenken:
Der vom OB vorgelegte HH war ja durchaus passabel: Vieles war berücksichtigt, eine Reihe von Projekten, Aspekten, Zielsetzungen wurde aufgegriffen – auch ein Ausdruck einer zunehmenden Berücksichtigung von Bürger- und Politikinteressen.
Jetzt hat der Gemeinderat „seine“ Schwerpunkte und Korrekturen ergänzt – unser sogenanntes „Königsrecht“, unser HH Paket.
Fast jede der hier vertretenen 13 Parteien und Gruppierungen kann sich wiederfinden und hat natürlich die sprichwörtlichen Kröten geschluckt – im Ergebnis eine große Vielfalt von Themen und Interessen, nach dem Motto: Gibst du mir, gebe ich dir….
Damit meine ich, dass viele Anträge mehrheitsfähig nur im Paket wurden, alleine wäre Einiges gewiss abgelehnt worden.
Ist das jetzt gut oder schlecht? Und was wäre die Alternative gewesen?
Gut ist sicher, dass wir in den Beratungen viel miteinander geredet und über einander gelernt haben. Das schafft Verständnis und Vertrauen.
Gut ist auch, dass fast niemand „auf der Strecke“ blieb. Zwei Gruppierungen sind im Paket nicht vertreten – die einen wollten nicht, die anderen haben sich einfach nicht beteiligt. Auch das ist in Ordnung.
Schwierig ist, dass in einem gemeinsamen Paket die einzelnen Interessen und Schwerpunkte natürlich kaum noch identifizierbar sind. Die Nivellierung irgendwo in der Mitte ist auch ein Verlust an Identität, Charakter, Unterscheidbarkeit bei Parteien und Wählervereinigungen – auch ein Grund für Politikverdrossenheit!
Aber was wäre die Alternative gewesen? Grün-Schwarz hätte man vielleicht erwarten können, man buhlt und schäkert ja deutlich. Aber 21 Stimmen sind keine Mehrheit.
Grün-Rot in Heidelberg – nur schwer vorstellbar, dann eher eine Dreier-Gro-Ko. Das würde rechnerisch reichen (29), aber das will offensichtlich keine der drei großen Fraktionen!
Bitte nicht falsch verstehen: Ich rede weder einem Lagerdenken noch anderweitigen Konfrontationen das Wort! Stattdessen: Ein Lob der Vielfalt! Die Stadt wurde nach der Kommunalwahl letztes Jahr nicht unregierbar, im Gegenteil: Der Druck, sich zu einigen war groß und das ist auch gelungen – um den Preis der Unterscheidbarkeit und mit dem Siegel des OB, der genau damit nicht nur spekuliert sondern arbeitet. Wir sollten schon einmal darüber nachdenken, was das mittel- und langfristig zur Folge hat.
Ich Danke für Ihre Aufmerksamkeit
- Posted by GAL
- On 7. April 2015